Barbara Schellenberg – die charmanteste Werbe-Ikone der türkischen Riviera

Neue Serie: Folge I

Eine von uns

TV–Tipp: «Türkei: Urlaub trotz Reisewarnung«, ARD Weltspiegel (Mediathek bis zum 21. Juni 2021)

Mit Ohrwürmern wie «Sag beim Abschied leise Servus«, «Tulpen aus Amsterdam« oder «Veronika, der Lenz ist da«, verabschiedet die Pianistin Barbara Schellenberg auf ihrem digitalen Klavier bereits seit 27 Jahren Antalya-Urlauber aus aller Welt. Nach drei Monaten Arbeitslosigkeit aufgrund des Lockdowns, hofft sie jetzt, dass trotz der Reisewarnung des Auswärtigen Amt, zahlreiche Deutsche dennoch Urlaub an der türkischen Riviera machen werden, damit Antalyas Bevölkerung wieder Geld verdienen kann. Zweifelsohne ist die gebürtige Wienerin. die charmanteste Werbe-Ikone für Antalya – dem Hotspot-Reiseziel für Millionen Touristen. Wenn sie nicht gerade auf dem Piano spielt, engagiert sie sich selbstlos für freilaufende Fellnasen, die dringend Futter oder tierärztliche Hilfe benötigen. Aber auch sonst ist die gebürtige Wienerin da, wo sie die Notwendigkeit von sinnvoller Unterstützung sieht. Sie ist ein Juwel in unserer kranken Zeit.

Zum 15. März verlor die Pianistin ihren Job am Flughafen Antalya und in renommierten 5-Sterne-Hotels wie in Belek, Side und Kemer. Jetzt durfte die Österreicherin zum ersten Mal wieder für das Hotel Barut Akkanthus in Manavgat am weißen koreanischen Flügel der Marke Samick spielen. AllaroundTurkey im Interview mit Barbara Schellenberg über die Zukunft für den türkischen Tourismus trotz bestehender deutscher Reisewarnung und über den ARD-Fernsehbeitrag im Weltspiegel.

Wie fühlte es sich an, jetzt wieder vor internationalem Publikum im Flughafen Antalya spielen zu können, Barbara Schellenberg? Gibt es überhaupt schon Touristen in Antalya?

Ganz ehrlich: Es fühlt sich wunderbar an! Vor wenigen Tagen bekam ich eine Anfrage aus Deutschland, ob ich für einen Dreh für die ARD-Sendung «Weltspiegel« zur Verfügung stehen würde. Klar, sagte ich sofort zu! Wenn es darum geht, ein positives Signal für das Reiseland Türkei zu setzen, bin ich immer wieder gern dabei. Das Kamerateam organisierte u.a. einen Dreh in der Ankunftshalle im Flughafen von Antalya. Normalerweise spiele ich ja für Touristen in der Abflughalle, um ihnen die Wartezeit zu versüßen. Aktuell haben wir aber nur Ankömmlinge und das fühlt sich endlich wie ein kleiner Neustart an! Ich bin überglücklich, dass ich nach so langer Zeit überhaupt wieder für Touristen spielen durfte.

Der Flughafen Antalya ist einer der größeren Flughäfen in der Türkei mit mehr als 31.6 Millionen Passagieren pro Jahr. Wie schätzt du die Entwicklung ein?

Noch sind die Zahlen der ankommenden internationalen Urlauber sehr niedrig. Das Hotel Barut mit einer Kapazität von rund 1200 Betten zählte am Freitag gerade Mal elf belegte Zimmer, doch die aktuellen Flugpläne verraten, dass ab jetzt bis zum 1. Juli mit dem ersten kraftvollen Schwung internationaler Gäste zu rechnen ist.

Wie sehr fehlt es Dir, vor internationalem Publikum spielen zu dürfen?

Als ich jetzt vor dem ARD-Kamerateam im Flughafen spielte, sah ich in der großen nahezu menschenleeren Halle, in der sich in den Sommermonaten normalerweise tausende Menschen aus allen Ländern dieser Welt rund um die Uhr aufhalten, gerade Mal 20 Niederländer. Auf der Ankunftstafel konnte ich lesen, dass die Maschine aus Amsterdam kam. Spontan spielte ich für sie «Tulpen aus Amsterdam«. Unsere Gäste freuten sich sehr darüber und eilten freudig auf mich zu. Ein herrliches Gefühl, dass ich einfach nicht missen möchte in meinem Leben.

Barbara Schellenberg mit dem ARD-Kamerateam bei Dreharbeiten in Antalya.

Hast Du Angst vor einer möglichen Ansteckung, weil Touristen Dir zu nahekommen könnten?

Nein! Im Flughafen herrscht strikte Maskenpflicht. Außerdem ist jeder Flugreisende bereits vorher mit Wärmekameras auf Corona untersucht worden. Überall steht Wachpersonal, das darauf achtet, dass die Regeln eingehalten werden. Außerdem spiele ich auf einer Bühne, die dafür sorgt, dass die Gäste nicht näher als zwei Meter an mich herantreten können. Ähnlich ist es in den Hotels organisiert. Ich fühle mich absolut sicher.

Glaubst du daran, dass die deutsche Reisewarnung für die Türkei vor dem 31. August aufgehoben werden könnte?

Das türkische Tourismus-Ministerium legt sich gewaltig ins Zeug, um für einen Corona freien Urlaub zu sorgen. Selbst wenn die deutsche Reisewarnung bis dahin aufgrund von Statistiken des Robert Koch Institutes nicht aufgehoben werden sollte, hoffen wir auf das Vertrauen vieler, die dennoch in der Türkei Urlaub machen werden. Da die Auslastung der Hotels sehr gering sein wird, ist entsprechend für mehr als ausreichend Platz für alle gesorgt. Sicher – wir müssen uns im Umgang miteinander noch viel mehr disziplinieren. Das fängt bei jedem Einzelnen von uns an und dass wenigstens so lange bis ein Medikament bzw. ein Impfstoff gegen Corona da ist. Mich erinnert diese Zeit an die 1980er Jahre, als Aids ausbrach und die Schlagzeilen weltweit dominierte. Was war das Geschrei und die Hysterie groß. Es war ein jahrelanger Prozess, bis wirklich jeder verstand, dass die Krankheit nicht Einzelne sondern jeden bedroht, der sich nicht schützt. Heute spricht kaum noch einer über Aids, obwohl 37 Millionen Menschen HIV-positiv sind. Und warum? Weil es ein Medikament gibt, das zwar die Krankheit nicht heilt, aber das Leben verlängert. Das macht mich schon sehr nachdenklich.

Auf Barbaras schwarzen T-Shirt lächelt Kemal Mustafa Atatürk. Rechts baumelt ihr Sicherheitsausweis für ihren freien Zutritt im Flughafen Antalyas. Genau so dürften Millionen Touristen die Pianistin in der Abflughalle bereits begegnet sein.

Hat die türkische Riviera für 2020 noch eine Chance, dass deutsche Touristen trotz Reisewarnung hier Urlaub machen werden?

Das hoffe ich doch sehr. Selbst wenn große Hotels nur eine Auslastung von 20 Prozent in den nächsten zwei Monaten erreichen sollten, spült dass, neues Geld in die Kassen der Türkei, das wir dringend benötigen. Arbeitslose Servicekräfte könnten wieder Geld verdienen, um ihre Familien ernähren zu können. Der Vorteil von Antalya ist, dass es auch noch im Oktober, November und Dezember im Vergleich zu Österreich, der Schweiz und Deutschland warm ist. Die Hotels bieten von Golf, Tennis, Yoga, Wandern und Reiten so vieles an, dass es keinem Touristen langweilig wird. Und wer will, kann in den Wintermonaten im Taurus-Gebirge Ski fahren. Antalya ist so weitläufig und abwechslungsreich, dass ich darauf hoffe, das Reisebüros und Reiseveranstalter in naher Zukunft wieder Reisen in die Türkei verkaufen werden

Wie empfindest du die oft hitzigen Diskussionen unter den Deutschen, Deutsch-Türken und Türken bezüglich der deutschen Reisewarnung für die Türkei?

Ich kann die deutsche Reisewarnung nachvollziehen, dennoch denke ich, dass die extrem hohen Sicherheitsvorkehrungen hier zu Lande quantitativ und qualitativ weitaus höher und besser sind als beispielsweise im österreichischen Kärnten. Das gesamte Personal in den Hotels ist auf Corona getestet worden! Bevor du hier ein Hotel oder ein Restaurant betrittst, wird deine Temperatur gemessen. Pfeile orientieren uns, um überall den Sicherheitsabstand einhalten zu können. Die Maskenpflicht in Gebäuden, öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Straßen schützen uns ebenso. Überall stehen Desinfektionsmittel zur Verfügung. Es gibt keine Büffets, sondern ausschließlich Service am Tisch. Diese werden vorher und nachher desinfiziert. Der Mindestabstand von 1,5 bis 2 Metern zu jedem Stuhl und Tisch wird strikt umgesetzt. Weder Tischschmuck noch Karten sind erlaubt Das Besteck wird eingeschweißt zur Verfügung gestellt. Nein. Ich mache mir keine Sorgen, dass sich Touristen im Urlaub in Antalya mit Corona infizieren könnten.

Das Hamburger Statistik Portal Statista GmbH prognostiziert für die Türkei im Jahr 2021 eine Arbeitslosigkeit in Höhe von 15,6 Prozent. Das wäre im Vergleich zu 2019 ein Anstieg von knapp zwei Prozent. Machen Dir solche Prognosen Angst?

Ich habe in den vergangenen Monaten nicht an einem einzigen Tag an Hunger leiden müssen, wenngleich ich mich stark einschränke. Na ja, bei den zahlreichen Verboten konnten wir auch kein Geld unnötig ausgeben. Doch die Bevölkerung in Antalya hat es zum Teil sehr hart getroffen. Dem Weltspiegel vom ARD habe ich gesagt, dass ich viele Menschen kenne, die aufgrund der Arbeitslosigkeit verdammt viele finanzielle Probleme haben. Wenige haben Anspruch auf ein monatliches Arbeitsgeld in Höhe von 330 Euro, doch das reicht oftmals nicht aus, um den Verpflichtungen nachzukommen. Deshalb ist es jetzt so wichtig, dass der Tourismus wieder anläuft, denn in der Region Antalya leben wir nun Mal nahezu ausschließlich vom Tourismus. In meinem Beruf als Pianistin werde ich bei Beschäftigung besser bezahlt als Kellner im Restaurant oder Hotelangestellte. Nur wenige erhalten jetzt tatsächlich Arbeitslosengeld. Als freischaffende Künstlerin habe ich keinerlei Ansprüche. Ich lebe weiterhin und bis auf Weiteres von meinen Ersparnissen.

Wie lange könntest Du Dich ohne Engagements noch über Wasser halten?

Künstler sind auch Lebenskünstler. Ich habe genug Künstlerfreunde in Österreich, die sich seit Monaten nur über Wasser halten können, weil der Staat ihnen einen Zuschuss gezahlt hat. Von so etwas träumen wir Freischaffenden in der Türkei. Irgendwie geht es immer weiter, weil der Zusammenhalt untereinander sehr groß ist.

Die Türken sprechen nie von Problemen, sondern sie drücken diese eher in Umstände aus. Wie nimmst du das wahr?

Das ist absolut richtig. Ich habe 1999 das schwere Erdbeben in der Türkei miterleben müssen und weiß seitdem um die fantastische Nachbarschaftshilfe, um den familiären und kollegialen Zusammenhalt in Krisensituationen. In solchen Zeiten rücken hier alle so viel näher und man hilft sich ohne Wenn und Aber. Das sucht seines Gleichen in Österreich aber auch in Deutschland. Während Corona wurden wir aber auch hervorragend durch die Stadtverwaltung betreut. Das Sozialamt brachte Essen zu den Menschen, die nichts hatten. Die Polizei erledigte Einkäufe für all jene, die das Haus nicht verlassen durften. Sogar Bankgeschäfte wie Überweisungen wurden gemacht. Finanziell besser gestellte Leute bezahlten anonym Rechnungen in kleinen Geschäften von Bürgern, die aufgrund der Arbeitslosigkeit plötzlich ihre Schulden nicht mehr begleichen konnten. Die Polizei versorgte die Straßenhunde und -katzen mit Futter. Dieses soziale Engagement von allen gleichermaßen sucht schon seinesgleichen in Europa.

Was hat Dich nach Antalya verschlagen?

Nach meinem Musik-Studium in Wien gründete ich drei Damen-Kapellen mit denen ich in China, Süd-Korea, Japan, Südafrika und Amerika unterwegs war. Um die Welt reisen und mit Frauen Musik zu spielen, das war mein Leben. Im August 1992 hatte ich dann auf dem Weg zu einer Konzertprobe in Österreich einen schweren Autounfall. Ein böser Fersen-Bruch zwang mich für sechs Monate in den Rollstuhl. Dennoch reiste ich mit meiner Damen-Kapelle nach Amerika und durfte dort feststellen, dass die Amerikaner hervorragend auf Menschen mit einem Handicap eingestellt sind. In keinem Moment fühlte ich mich benachteiligt. Da ist die USA einfach sehr vorbildlich. Zurück in der Heimat musste ich dann aber feststellen, dass in Österreich noch sehr wenig für Rollstuhlfahrer getan wurde. Spontan bin ich in das nächste Reisebüro und fragte, wo ich am günstigsten den Winter verbringen könnte. So landete ich in Antalya. Im Hotel stand ein Klavier und ich fing an meine Lieder zu spielen. Da sprach mich ein Türke an und verriet mir, dass es viele Hotels gäbe, die eine Pianistin suchen würden. So wurde ich vom Fleck weg vom Stadt-Hotel Antalya eingestellt und aus drei Monaten wurden 27 Jahre!

Seit wann spielst Du bereits im Flughafen Antalya?

Das erste Mal spielte ich dort 2002 – allerdings mit immer wieder kleineren Unterbrechungen von einem oder auch zwei Jahren. Der Tourismus in Antalya und den umliegenden Orten hat sich erst in den letzten zehn Jahren so positiv in Millionen-Höhe entwickelt, so daß aus meinen saisonalen Verträgen von drei Monaten im Laufe der Zeit Jahresverträge wurden. Am 15. März wurde dann mein noch laufender Arbeitsvertrag aufgrund von Corona vorzeitig gekündigt. Ich habe mich da auf keinen Streit eingelassen, sondern die Kündigung akzeptiert. Im März dachte ich: Okay, der Lockdown ist in zwei-drei Wochen wieder vorbei, dann haben wir das ausgesessen und alles geht zur Tagesordnung über. Jeder liebt die Türkei, die Touristen müssen ja alle wieder kommen. Im nach hinein kann ich nur sagen, dass niemand in meinem Freundeskreis das Ausmaß dieser Krankheit und seine Folgen für möglich gehalten hätte. Ich hoffe von Herzen, dass mich der Flughafen Antalya bald wieder engagieren wird. Es war auch ein hartes Los, dass sämtliche Glaubenshäuser geschlossen wurden. Ich spiele seit vielen Jahren für die St. Nikolaus Gemeinde Klavier. Es ist verdammt hart, wenn alle sozialen Strukturen auf einmal nicht mehr existent sind.

Barbara Schellenberg spielt u.a. regelmäßig Klavier für die ökumenische Sankt Nikolaus-Gemeinde in Antalya.

Gibt es etwas, was Du bedauerst, dass Du während des Lockdowns nicht tun konntest?

Allerdings! Ich hätte endlich Zeit gehabt, mir die Gegenden anzuschauen, die ich noch nicht gesehen habe. Zu gern wäre ich mal für drei-vier Tage nach Kappadokien gefahren, doch wir durften innerhalb der Provinzen nicht verreisen. Endlich Zeit zu haben, Dinge zu machen, die du seit Jahren machen möchtest, und dann geht es einfach nicht. Schrecklich.

Was hast Du mit dieser geschenkten Zeit dennoch angefangen?

Ich habe Sport wie eine Irre gemacht. Während des Lockdowns waren sämtliche Sportprogramme über YouTube oder Google-Place kostenlos. Madonna – habe ich an meinen Körper gearbeitet: Ober- und Unterschenkel- und jede Menge Bauchtraining! Und das hat gutgetan. Punkt elf Uhr jeden Vormittag habe ich meine Gymnastikmatte ausgebreitet und dann ging es los. Das kam mir wie eine Verjüngungskur vor und wir wissen ja: In einem gesunden Körper ruht ein wacher Geist. Und – Dank des Lockdowns habe ich mich zu einer leidenschaftlichen Bäckerin entwickelt. Eigentlich kann ich gar nicht kochen oder backen. Dank verschiedener YouTube-Rezepte habe ich wenigstens ein wenig Backen gelernt und jede Menge Blechkuchen mit Aprikosen und Kirschen hergestellt. Damit habe ich dann meine Nachbarn und meine Freundinnen über 65 Jahre verwöhnt, die aufgrund der immer wiederkehrenden Ausgangssperren das Haus nicht verlassen durften.

Wie frei konntest Du Dich in dieser Zeit bewegen?

Ja, ich bin noch keine 65 Jahre. Ich bin 39+ und das schon seit 20 Jahren. Aber im Ernst, da ich Mitglied im Tierschutzverein bin, habe ich bei der Stadtverwaltung nach einer Ausnahmeregelung angefragt, um die Straßenhunde weiterhin versorgen zu können. Der ganze Vorgang hat keine drei Stunden gedauert. Schnell kannten mich alle Polizisten und winkten mich trotz Ausgangsverbot im Auto einfach durch. Letztendlich waren die ja froh, dass ich ihnen einen Teil ihrer Arbeit abnahm. Auch wenn ich das nicht durfte, bin ich in Wälder gefahren, um auch dort die Hunde zu füttern. Natürlich habe ich dann die frische Luft und manchmal dazu halt auch ein mitgebrachtes Bierchen in freier Natur genossen.

Was war bisher Dein größtes Erlebnis im Flughafen Antalya?

Nie werde ich vergessen, wie ich den Flughafen von Antalya für drei Minuten komplett lahmlegte. Das war 2002, als die Fußball-Weltmeisterschaft in Südkorea und Japan stattfand. Im Spiel um Platz 3 schrieb die Türkei Geschichte, weil es den schnellsten Treffer der WM-Geschichte schoss. Meine Bühne befand sich damals noch in unmittelbarer Nähe des Eincheckens. Überall hingen riesige Leinwände herum, um das Fußballspiel live verfolgen zu können. Als der türkische Stürmer Hakan Şükür bereits nach elf Sekunden das erste Tor gegen Südkorea schoss, tobte die Abflughalle vor Begeisterung. Und ich war so stolz auf «mein Land«, dass ich spontan meine heiß geliebte türkische Nationalhymne «İstiklâl Marşı«, die Unabhängigkeitshymne, spielte. Es dauerte keine drei Minuten, da stand ein hoch rot angelaufener Generalmanager neben mir am Klavier und schrie mich hysterisch und atemlos an: «Du bist fristlos gefeuert. Pack deine Sachen und verschwinde augenblicklich aus meinen Augen«. Ich war total verwundert und fragte mich: Ja, was hat der denn jetzt? Ich habe doch nur die die «Unabhängigkeitshymne« gespielt? Was ich damals nicht wusste: So bald die türkische Hymne in einem geschlossenen Raum ertönt, müssen augenblicklich alle Leute in Uniform aufstehen und salutieren. Das heißt, während meiner Darbietung stand die Abfertigung der Zoll-, Polizei- oder Passkontrolle still, weil alle Staatsangestellten brav salutierten.

Seitdem spielst Du die türkische Hymne nur noch unter freiem Himmel, ja?

Ich erinnere mich an diese Geschichte wirklich so, als wäre sie gerade gestern passiert und ich versichere dir, seitdem spiele ich die türkische Hymne gern überall, aber auf keinem Fall im Flughafen von Antalya.

Wann wirst Du wieder im Flughafen von Antalya für Abreisende am Klavier spielen?

Ich hoffe inständig, dass ich so bald wie möglich wieder für Touristen am Klavier spielen kann. Menschen mit Musik glücklich zu machen, ist mein Leben. Vielleicht dauert es noch zwei Wochen oder auch länger. Vielleicht wird es anfangs so sein, dass ich nur ab- und an spielen werde, aber auch in der Vergangenheit war ich vor allem dann viel am Piano im Flughafen, wenn besonders viele Flüge gingen. Nichts desto trotz, verfolge ich die Entwicklung der Flugpläne täglich und da tut sich auf jeden Fall bereits Einiges. Ich bin und bleibe eine Optimistin.

Info:

Programmhinweis: Weltspiegel, ARD, Sonntag, den 28. Juni 2020 um 19:20 Uhr – nach türkischer Zeit: 20:20 Uhr – der Beitrag im Weltspiegel ist in der Mediathek bis zum 21. Juni 2021 verfügbar: Guckst du hier

Biographie

Barbara Schellenberg wurde in einer österreichischen Familie geboren. Ihr Vater, Wolfgang, war Sänger an der Wiener Volksoper und zog als Solist mit den berühmten Wiener Sängerknaben nach dem zweiten Weltkrieg durch die Welt. Ihre Mutter, Evelyn, eine Englisch Lehrerin, spielte als Studentin Harfe. Es lag in der Natur der Dinge, dass das ewig lachende und glückliche Mädchen Barbara an der renommierten Wiener Musikakademie im zarten Alter von fünf Jahren beginnen sollte. Sie liebte ihr Klavier und ihre Ballett-Klasse und schon bald sollten ihre beiden jüngeren Schwestern und ihr einziger Bruder Weihnachtskonzerte geben. Barbara war gerade mal 13 Jahre jung, als sie anfing mit ihrem Vater zusammen zu arbeiten. Sie studierte auf dem Piano schwierige Musikstücke von Schubert, Hugo Wolf und Richard Strauss ein. Selbst der Duft von köstlichem Wiener Schnitzel konnte sie von ihrer konsequenten Arbeit am Piano nicht ablenken. Ihr Lohn: Zwei Jahre später begleitete Barbara ihren Vater am Piano in der Öffentlichkeit.  

Im selben Jahr beendete sie das Gymnasium und auch die Akademie mit einem zusätzlichen Abschluss zum Korrepetitor. Seine Aufgabe ist, am Klavier anstatt des Orchesters zu spielen, wenn Sänger, Chöre, Instrumentalisten, Tänzer oder Schauspieler ein Stück neu lernen oder wiederholen, ihre Rollen einstudieren oder Szenen geprobt werden, und gibt darüber hinaus in Einzelproben korrigierende musikalische Hinweise. Anschließend ging sie als Sekretärin der Direktorin des Musikfestivals Santander nach Spanien, um neben Englisch und Italienisch auch noch Spanien zu lernen. Wieder zu Hause in Wien, legte sie Prüfungen ab, um als Stadtführerin in vier Sprachen arbeiten zu können. Tagsüber erläuterte sie ihren Kunden die Wunder Wiens (mit seiner anregenden Geschichte und Kultur der Habsburger), und am Abend spielte sie vor einem Publikum Wiener Musik in den größeren Hotels. Die Nachfrage nach ihren Konzerten wurde so groß, dass Barbara ein eigenes Büro eröffnete, um die Angelegenheiten ihrer drei Damen-Kapellen, unter anderem K. und K., Hofdamenkapelle, zu leiten und Tourneen in der ganzen Welt zu organisieren.

1992 machte Barbara Urlaub in Antalya. Ihr erstes Engagement als Pianistin im Stadt-Hotel Antalya führte dazu, dass die Katholiken blieb. Sie leitet in Antalya erfolgreich eine Frauen-Kapelle und spielt regelmäßig in der Gemeinde Sankt Nikolaus am Klavier. Wenn sie nicht gerade musiziert, Kuchenteig anrührt oder Sport treibt, engagiert sich die Single-Lady für den türkischen Tierschutz in Antalya.

Barbara Schellenberg als jüngere Pianisten in New York Ciy.

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